TESTBERICHT - drums&percussion 1/2016 - Ingo Baron
Mahagonidrumset von Klangmacherei
Nach einem ersten Test einer Mahagonisnaredrum aus der Werkstatt von Michael Scharf in Engstingen (Baden-Württemberg) erreichte uns nun auch ein komplettes Set aus der gleichen Quelle. Die bisher schon sehr positiven Eindrücke machen freilich gespannt
Die die Snaredrum (s. d&p 4/2015) ist das Set ganz klassisch gehalten und kommt ohne den mindesten Schnickschnack aus. Auch hier ist die Kesseloberfläche geölt, gewachst und wird dementsprechend ganz vom natürlichen Holzton geprägt. In die Mitte des Kesselwand ist jeweils ein Doppelböckchen gesetzt, das die verlängerten Stimmschrauben beidseitig aufnimmt. Nichts, aber auch gar nichts soll den Kessel schließlich von dem abhalten, was er zu tun hat, nämlich schwingen. Der Testtrommelsatz besteht aus einer 20˝ x 15˝ Bassdrum, einer 12˝ x 8˝ Tom sowie einer 16˝ x 16˝ Standtom. Dazu gibt’s eine 14˝ x 5,5˝ große Snaredrum, ebenfalls mit Mahagonikessel. Los geht’s mit der Bassdrum: Bei diesem betont leichtgewichtigen ›Leckerchen‹ herrscht blanker Purismus. Neben den erwähnten Böckchen gilt dies auch für die klassisch nicht gepolsterten Klauen sowie die ebenso leicht anachronistischen, aber dennoch stylisch und vor allem funktionellen Bassdrumfüße nach klassischem Vorbild. Der 13-lagige Kessel hat eine Wandstärke von 1 cm – wobei drei Lagen sowie etwa 3 mm auf den ca. 3,7 cm breiten Verstärkungsring, der ebenfalls aus Mahagoniholz besteht, entfallen – und zeichnet sich durch eine gerundete Gratung aus. Der Spannreifen besteht ebenfalls aus Mahagoniholz und ist auf der Innenseite ansprechend gegratet. Aufgezogen sind »Fiberskyn«-Felle von Remo/USA, wobei das Schlagfell durch einen eingearbeiteten Ring gedämpft wird. Übrigens: Zwei Resolöcher sind auf der dem Boden zugewandten Kesselseite, ziemlich genau auf der äußeren Naht, eingesetzt. Auch bei diesem Kessel sind die Stimmschrauben mit in die Klaue versenkten, zylinderförmigen Unterlegscheiben versehen – soviel Zugeständnis an die Moderne darf dann eben doch sein. Die Bassdrum klingt satt, superwarm, rund und hat einen dunklen, überaus angenehm sonoren Ton. Dabei gerät sie jedoch auch ohne zusätzliche Dämpfung niemals aus den Fugen. Die Tom hat eine siebenlagige Kesselwand sowie einen dreilagigen, etwa 2,9 cm breiten Verstärkungsring und kommt insgesamt an den Rändern auf eine Wandstärke von dünnen 7 mm. Hier wurde die Gratung außen merklich gerundet und fällt nach innen im 45-Grad-Winkel ab. Eine Tonhalterung ist nicht montiert. Der Kessel der Floortom hat zehn Lagen plus dreilagigem, etwa 2,8 cm breitem Verstärkungsring und kommt insgesamt an den Rändern auf eine Wandstärke von 8 mm. Die Gratung ist noch auffälliger außen gerundet (entsprechend des Fellkragens, versteht sich). Hier herrscht also höchstpräzise und auf den Sinn und Zweck sauber abgestimmte Handarbeit. Auch bei diesen Kesseln finden sich die zylinderförmigen Unterlegscheiben. Aufgezogen sind neben den etwa 2 mm starken, dreifach geflanschten Spannreifen »Skyntone«- sowie Ambassador-Clear-Resofelle von Remo/USA. Spielt man die Toms – und erst recht das ganze Set – an, ertappt man sich schnell bei einem breiten Grinsen: Egal ob in einer tiefen oder einer hohen Stimmung, die Kessel haben ohne langes Stimmen sogleich diesen feinen, offenen, runden, warmen und leicht ›schmatzenden‹ Ton, den man von so vielen Aufnahmen kennt. Vor allem Rimshots werden hier aufgrund des saftigen und tonalen Charakters zu einer hellen Freude. Mit diesem Set lässt sich fürwahr trefflich Musik machen. Die Snaredrum passt sich in den allgemeinen Charakter dieses Sets perfekt ein. Der Kessel hat inklusive Verstärkungsring eine Wandstärke von etwa 1 cm. Die gegenüber dem Set etwas spitzere Gratung sowie die breiten, sanften Snarebeds sind sehr sauber gearbeitet. Montiert sind eine Nickel-Drumworks-Abhebung sowie ein 20-spiraliger Teppich. Die (völlig ausreichenden) acht Stimmschrauben sorgen im Zusammenspiel mit der Gratung für eine perfekte und vor allem leichte Stimmbarkeit, die von einer sehr tiefen bis zu einer hohen Lage absolut problemlos machbar ist. Die Snare hat überdies eine besonders feine und sehr detailreiche, jederzeit perfekt dosierbare Teppichansprache, kombiniert mit einem eher dunklen und holzigen Kesselton, der bei den Rimshots überdies ein feines Obertonspektrum liefert. Die klassische Remo-Befellung (Ambassador-Coated/Snareside-Clear) trägt dazu ein Übriges bei. Bei dieser sehr klassischen Snaredrum bleiben im Grunde keinerlei Fragen unbeantwortet. Bleibt nur ein klitzekleines Manko: An jeder Trommel ist mindestens eine Stimmschraube, die sich beim Eindrehen gelegentlich als ›Zicke‹ entpuppt. Da muss die Zeit schon mal das Gewinde heilen. Problematisch ist das Ganze nicht, jedoch auffällig. Aber: Hardware, Felle, Kesseloberflächen sind bei Klangmacherei ohnehin individuell nach Kundenwunsch gestaltet. Darauf sollte man also ein wenig achten. Die Kessel selbst bzw. deren Verarbeitung verdienen ohne Zweifel höchstes Lob. Warum sollte der Soundgourmet also mit seinen Instrumentenwünschen in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch vor der Haustür zu finden ist?!
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